Was ist eine krautige Pflanze?


Krautige Pflanze, Unkraut, „Krauts“ als Spitzname, Kraut und Rüben, Kraut (Herba) in der Tüte aus der Apotheke – dem Begriff bist du schon oft begegnet. Aber was bedeutet das Wort denn eigentlich genau? Wir wollen dieser Frage hier auf den Grund gehen.

Krautige Pflanze – Holz oder nicht Holz

Krautige Pflanzen sind Gewächse, die keine Verholzungen aufweisen. Im Gegensatz dazu verholzen Sträucher und Bäume grundsätzlich und erhalten dadurch ihre höhere Stabilität.

Es gibt auch einen Mischtyp, den sogenannten Halbstrauch. Vertreter der Halbsträucher sind Arten wie der Wiesensalbei, der Rosmarin oder die Winterheide. Sie verholzen in ihren unteren Partien und schieben im Frühling unverholzte Triebe.

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Jetzt gehen wir mal in die Tiefe: Was ist eigentlich „Holz“? Der Botaniker bezeichnet als „Holz“ hartes Gewebe, genauer „Xylem“, das von einer speziellen Gewebeschicht, dem Kambium, nach innen abgeschieden wird.

Das vom Kambium nach außen erzeugte Gewebe heißt „Bast“. Die Verholzung von Pflanzenteilen nennt der botanisch Versierte auch „sekundäres Dickenwachstum“, denn nur so kann eine Pflanze dick und stark werden.

Dünn und schnell oder dick und hoch?

Wozu sollte man als Pflanze dick werden? Anders als wir Menschen haben Gewächse mit Dickleibigkeit kein Problem.

Eine Pflanze mit großem Umfang kann nicht nur Wetterunbilden wie Stürmen besser trotzen, sondern auch mehr Wasser nach oben ziehen, dadurch mehr Nährstoffe bekommen und höher wachsen. Das kann im gnadenlosen Überlebenskampf ein entscheidender Vorteil sein.

So kann ein junger Baum auf einer Wiese bald die krautigen Pflanzen, die nur ein primäres Dickenwachstum (ohne Verholzung) drauf haben, überragen. Er wird nicht nur größer, sondern drängt die Krautpflanzen bald durch den Schatten seines Blätterdaches zurück.

Krautige Pflanze – was hast du für einen Vorteil?

Wenn du so ein Lebewesen wärst, hättest du natürlich auf andere Art und Weise Erfolg. Verholzung kostet Energie und Zeit, die man als Gewächs nicht immer hat. Auf einer Wiese, die regelmäßig von Rindviechern oder Rasenmähern traktiert wird, muss man als krautige Pflanze schnell wachsen.

Kurzum, um den „vom Feind“ eingekürzten Spross wieder nachzubauen. Und das geht nun mal schneller ohne das umständliche, zeitaufwändige, sekundäre Dickenwachstum alias Verholzung.

Krautige Pflanze? Ordnung muss sein!

Wir versuchen jetzt mal, die schwer überschaubare Welt der krautigen Pflanzen einzuteilen und botanisch aufzuräumen.

Wieviel Zeit hast du, liebes Kraut?

Krautige Pflanze – ein Jahr

Zunächst unterscheiden Botaniker die einjährigen, zweijährigen und mehrjährigen Arten. Einjährig sind z.B. die meisten Unkräuter wie das Franzosenkraut.

Es keimt im April, blüht und fruchtet im Sommer und lässt sich vom ersten Frost willig dahinraffen. Aber auch unser geliebter Mais ist eine einjährige Pflanze; jedes Jahr muss der Gärtner mühsam wieder neue Maiskörner in die Erde legen und im Spätherbst die traurigen Überbleibsel der Maispflanze auf dem Kompost entsorgen.

Zwei Jahre

Zweijährig ist z.B. die gute alte Mohrrübe. „Jährig“ bezieht sich hier nicht auf zwei Kalenderjahre, sondern auf zwei Vegetationsperioden.

Es gibt ja auch Orte auf der Erde, wo die Pflanzen in der Dürrezeit (statt wie bei uns nach dem ersten Frost) absterben und danach wieder fröhlich austreiben.

Krautige Pflanzen, die zweijährig sind, keimen und wachsen in der ersten Vegetationsperiode und stecken dabei sämtliche verfügbare Energie in eine prachtvolle, kräftige Wurzel. Nach der Ruhezeit (Winter oder Dürre) treibt aus der Wurzel ein neuer Spross aus, blüht, fruchtet und haucht danach sein kurzes, erfülltes Pflanzen Leben aus.

Krautige Pflanze – viele Jahre

Stell dir vor, ein Gärtner und ein Botaniker würden sich über krautige Pflanzen unterhalten. Bisher sind sie sich einig. Beide Fachleute bezeichnen und meinen das gleiche. Aber beim Begriff „Mehrjährigkeit“ würden sie beginnen, sich zu streiten, denn jeder meint damit etwas anderes.

Während für den Gärtner mehrjährige Pflanzen einfach Kräuter sind, die viele Jahre blühen und fruchten, bis sie sterben, muss es der Botaniker genauer definieren.

Er meint mit „mehrjährig“ Pflanzen, die mehr als zwei Vegetationsperioden hindurch leben und sich ein einziges Mal vermehren. Und danach sterben.

Der Botaniker bezeichnet sie auch als „plurienne Pflanzen“. Im Gegensatz dazu benennt er Arten als „ausdauernd“, wenn sie dauerhaft, über viele Winter oder Dürrezeiten hinweg leben, sich vermehren und irgendwann das Zeitliche segnen.

Solche ausdauernden Pflanzen bezeichnet der Gärtner nun „Stauden“. Beispiel: Enzian.

Enzian (Gentian)
Enzian (Gentian)

Etwas verwirrend oder?

Den krautige Pflanzen der Tropen machen es sich (und uns) leichter, sie müssen nicht Trockenstress oder Winter fürchten. Auf jeden Fall wachsen sie einfach munter vor sich hin.

Ein gutes Beispiel ist die derzeit wohl beliebteste Modepflanze, das Fensterblatt (Monstera). Meine Monstera habe ich von meiner Urgroßmutter geerbt – sie (die Monstera) ist mehr als 100 Jahre alt.

Monstera im Topf
Monstera im Topf

Im Team der Überlebenskünstler

Weiter geht´s mit dem botanischen Aufräumen. Krautige Pflanzen lassen sich, je nachdem wie und wo sie leben, in verschiedene Gruppen unterteilen. Hier findest du eine kleine Auswahl:

Krautige Pflanzen Bilder

Hygrophythen sind die „Softies“, unter den Pflanzen, wie die Oma sagen würde. Vielleicht passt auch Warmduscher? Sie haben sich in einem Leben unter Wasser gemütlich eingerichtet und verfügen über einen weichen, biegsamen Körper mit Miniwurzeln. Ein Beispiel ist die Wasserpest.

Epiphyten
Epiphyten

Epiphyten: Diese Pflanzen sind die Streber unter den Gewächsen; sie wollen stets hoch hinaus und kommen mit wenig Nährstoffen und wenig Substrat klar. Sie leben z.B. auf Bäumen oder Telegraphenmasten. Beispiele sind Bromelie und Phalaenopsis-Orchideen.

Kryptophyten: Nein, diese Pflanzen zocken nicht mit Bitcoin und Etherium. Kryptophyten gehen zum Überleben in den Untergrund. Sie bilden Speicherorgane wie Knollen aus, um darin die harten Zeiten unter der Erde zu überdauern. Prominentestes Beispiel: Kartoffel

Lithophyten
Lithophyten

Lithophyten: Noch härter im Nehmen sind diese Gewächse. Kannst du dir vorstellen, dass etwas so zartes wie eine Pflanze auf einem Stein wurzeln kann? Lithophythen schaffen das. Einige Vertreter der Dendrobium-Orchideen verfügen über diese Super-Skills.

So, jetzt kannst du mit Botanik-Nerds von der Garten-Facebookseite mitreden. Am Schluss dieses Artikels gehen wir noch einmal als kleinen Exkurs auf die Begriffsverwirrung vom Anfang ein.

  • Der Apotheker bezeichnet als Kraut (lateinisch Herba) in einer Kräutermischung Blätter, Stängelteile und Blüten.
  • „Kraut und Rüben“ heißt Unordnung und „Krauts“ ist ein Spitzname für die Sauerkraut verzehrenden Deutschen. Das Wort wurde im 2. Weltkrieg von den amerikanischen Besatzungsmächten scherzhaft verwendet.

Blüht eine Blume, zeigt sie uns die Schönheit. Blüht sie nicht, lehrt sie uns die Hoffnung. (Chao-Hsiu Chen)

 

Quellen:

Krautige Pflanze – biologie-seite.de
Zweijährige Pflanze – biologie-seite.de
Krautige Pflanze – Wikipedia
Mehrjährige Pflanze – Wikipedia
Hydrophyten: Definition, Besonderheiten & Beispiel | StudySmarter